Fachlicher Austausch und persönlicher Dialog im virtuellen Konferenzraum: Das Netzwerk Frau und Beruf im Kreis Unna tagte vor einigen Tagen in „hybrider“ Form im Bergkamener Rathaus. Die Expertinnen des Bündnisses setzen sich für eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen auf dem Arbeitsmarkt ein – eine eigenständige Erwerbsarbeit und ein sicherer wirtschaftlicher Rahmen sind die Grundpfeiler dafür. Beides fehlt aber vor allem vielen wohnungslosen Frauen, deren Schicksale das Netzwerk beim jüngsten Treffen zum Thema machte.
Besonders eindrucksvoll schilderte die Leiterin der Wohnhilfen FrauenRäume des Frauenforums im Projekt „mobile Wohnhilfe“, Anja Wolsza, ihre Arbeit für die Chancengleichheit wohnungsloser Frauen: Tatsache ist, ein Großteil der Beratungsmöglichkeiten ist eher für Männer auf der Straße ausgerichtet. Frauen dagegen sind oft „verdeckt“ wohnungslos, das heißt, sie versuchen, ihre Wohnungslosigkeit möglichst lange zu verbergen, kommen eher bei Freund*innen oder Verwandten unter. Sie tingeln von Kontakt zu Kontakt, sind dabei oft auch der sogenannten Wohnprostitution ausgesetzt, weil sie Zweckbeziehungen mit Männern eingehen. Couchsurfing ist ein bekanntes Phänomen bei weiblichen Wohnungslosen.
Anja Wolsza erläuterte sehr plastisch die niederschwelligen Hilfsangebote in 2020, über die 108 Frauen kreisweit erreicht werden konnten. Ein Großteil von ihnen ist nicht älter als 30 Jahre, 68 minderjährige Kinder waren mitbetroffen. Vielversprechend: Ein einmal aufgebauter Kontakt wird von 90 Prozent der Frauen angenommen. Aktiv aufsuchend, eng begleitend in der Beziehungsarbeit: Anja Wolsza schilderte das Erfolgskonzept ihrer Arbeit mit den wohnungslosen Frauen so: „Heute sondiert und morgen losgelegt“. Treffen kann es jeden – die Wohnungslosigkeit zieht sich durch alle Schichten, Obdachlose sind heterogen, von der Akademikerin über die Leistungsbezieherin bis hin zu Paaren und Ehepaaren, oft trifft dieses Schicksal Frauen mit Kindern.
Martina Bierkämper, Gleichstellungbeauftragte der Stadt Bergkamen, war begeistert zu hören, dass trotz Corona hier ein so wichtiges Beratungsangebot aufrechterhalten werden konnte. „Der niederschwellige Ansatz zeigt Wirkung und ich hoffe, dass mit diesem Pilotprojekt noch viele wohnungslose Frauen schnelle und essentielle Unterstützung erfahren.“ Die Netzwerk-Expertinnen waren sich einig, dieses vom Land geförderte Pilotprojekt zu verstetigen, die bisher erreichten Erfolge liegen auf der Hand. Martina Leyer und Tina Riedel, als Beauftragte für Chancengleichheit bei der Bundesagentur für Arbeit und dem Jobcenter Kreis Unna sehen so auch die Möglichkeit, die betroffenen Frauen in die Erwerbstätigkeit zu bringen. Erster Konsens der Gleichstellungsbeauftragten: Um den bereits eingeschlagenen und unterstützenden Weg im Sinn der wohnungslosen Frauen erfolgreich weiter zu beschreiten, haben Gespräche mit den Sozialdezernaten des Kreises Unna sowie den lokalen Sozial- und Jugendämtern Priorität.